Inside Artists: Modellprojekt zur ko-kreativen Zusammenarbeit zwischen Künstler:innen und Institutionen

Beethovenfest Bonn startet gemeinsam mit der Liz Mohn Stiftung im Rahmen von »TUNED – Netzwerk für zeitgenössische Klassik« der Kulturstiftung des Bundes ein Modellprojekt zur ko-kreativen Zusammenarbeit zwischen Künstler:innen Institutionen.

Bei »Inside Artists« erarbeiten sechs Künstler:innen aus den Bereichen Kunst, Musik und Literatur gemeinsam mit dem Beethovenfest-Team Projekte, die neue künstlerische Perspektiven in die Arbeit des Festivals einbringen und zur Unternehmensentwicklung beitragen sollen. Das Projekt wird begleitet von Unternehmensberater Prof. Dr. Martin Zierold: »In Zeiten dynamischer Transformation und komplexer Probleme sind nur die Organisationen handlungs- und entwicklungsfähig, die verschiedene Expertisen und Sichtweisen zusammenbringen können. Das Projekt ›Inside Artists‹ ist nicht nur ein höchst innovativer Ansatz für ein Musikfestival, sondern könnte zur Blaupause auch für andere Organisationen werden«. Die Laufzeit des Projekts ist auf ein Jahr angelegt (01-12/2024). Das zeitliche Investment aller Beteiligten ist hoch, neben vier über das Jahr verteilten Workshopphasen in Bonn erfolgt ein regelmäßiger Austausch in den insgesamt drei Arbeitsgruppen.

Ko-Kreation schafft Perspektivwechsel

Der Austausch zwischen Künstler:innen und Mitarbeitenden des Festivals schafft für beide Seiten neue Erkenntnisse: »Man lernt hier total viele Dinge, über die man vorher nicht nachgedacht hat. Es ist sehr multiperspektivisch«, so Fotograf und Filmemacher Tobias Zielony, der gemeinsam mit der Künstlerin Cana Bilir-Meier mit dem Kommunikationsteam des Festivals zusammenarbeitet. »Das künstlerische Projekt wird von Anfang an gemeinsam entwickelt, es ist eine Teamarbeit. Das ist bei meinen Projekten normalerweise nicht immer so.«

Künstlerische Ideen nicht nur für die Bühne

Einige der Projekte werden mit ins Beethovenfest 2024 einfließen, andere Ideen wirken eher hinter den Kulissen in die Institution hinein: »Das schöne an dieser Projektarbeit mit den Inside Artists ist, dass wir komplett frei und gemeinsam mit den Künstler:innen überlegen, welche Themen uns interessieren und für beide Seiten einen Mehrwert bieten. Das muss nicht zwangsläufig das Konzert auf der Bühne sein. Ein Team erarbeitet zum Beispiel ein Konzept, wie Künstler:innen und Publikum noch wertschätzender im Festival willkommen geheißen werden können. Das spielt sich dann eher hinter den Kulissen ab, ist aber ebenso wichtig für das Gesamterlebnis Beethovenfest«, sagt Steven Walter, Intendant des Festivals und einer der Ideengeber des Projekts.

Ein Modellprojekt, das über das Beethovenfest hinausreichen soll

»Inside Artists« testet beim Beethovenfest 2024 verschiedene Formen von Ko-Kreation in der Praxis. Zuforderstes Ziel ist eine Evolution der Arbeitsweise des Beethovenfests. Die Erkenntnisse des Modellprojekts sollen jedoch über das Festival hinausreichen und Grundlage für eine Umsetzung in anderen (Kultur-)Organisationen sein. »Letztendlich erhoffe mir, dass wir diese ko-kreative Arbeitsweise im Team etablieren können und zudem anderen Institutionen Input für die Projektentwicklung an die Hand geben können«, so Steven Walter. Ko-kreativ war auch die Entstehung dieses Projektes, dass das Beethovenfest Bonn, Prof. Dr. Martin Zierold und die Liz Mohn Stiftung maßgeblich entwickelt haben: »Kultur kann Brücken bauen: Über Generationen, Grenzen und Professionen. Dabei muss Kultur immer wieder gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen und Menschen zusammenführen. Mit unserer Unterstützung wollen wir genau das erreichen und die Rolle von Künstlern bei der Weiterentwicklung von Kulturinstitutionen stärken « betont Liz Mohn, Vorstandsvorsitzende der Liz Mohn Stiftung.

Beteiligte Künstler:innen

Tobias Zielony

Tobias Zielony ist Künstler, Fotograf und Filmemacher. Er lebt und arbeitet in Berlin. Bekanntheit erlangte er für seine fotografischen Darstellungen von jungen Menschen, die am Rande der Wohlstandsgesellschaft leben. Zu seinen zahlreichen institutionellen Ausstellungen gehört der Deutsche Pavillon in Venedig 2015 und eine Retrospektive 2021 im Museum Folkwang. Seit 2022 ist er Professor für Fotografie an der HFBK Hamburg.

Cana Bilir-Meier

Cana Bilir-Meier ist eine Filmemacherin, Künstlerin und Kunstpädagogin. Sie lebt und arbeitet in Wien und München. 2018 hat sie die Initiative zum Gedenken an Semra Ertan mitbegründet und 2020 den Gedichtband »Semra Ertan. Mein Name ist Ausländer / Benim Adım Yabancı« mit herausgegeben. 2021 war sie Gastprofessorin für Kunstpädagogik an der Akademie der bildenden Künste in München.

Für »Inside Artists« arbeiten Tobias Zielony und Cana Bilir-Meier gemeinsam mit der Abteilung Kommunikation an einer künstlerischen Arbeit zum Thema Bonn als Demokratieort 75 Jahre nach Unterzeichnung des Grundgesetzes.

Daniel Arkadij Gerzenberg ist Lyriker, Liedpianist, Librettist und Mitglied des Lyrikkollektivs G13. Er arbeitet zu den Themen Identität, Antisemitismus und sexualisierte Gewalt. Er unterrichtet an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin das Fach Lyrik und ist Mitglied der Coalition for Pluralistic Public Discourse (CPPD). 2023 erschien sein Debütroman »Wiedergutmachungsjude« im Natthes & Seitz Verlag, in dem er sich mit dem ihm widerfahrenen sexuellen Missbrauch als heranwachsender Konzertpianist auseinandersetzt.

Für »Inside Artists« arbeitet Daniel Gerzenberg zusammen mit der Abteilung Development des Beethovenfest Bonn zum Thema sexualisierte Gewalt im Kulturbetrieb.

Saman Haddad ist ein internationaler Kulturschaffender und -vermittler in seiner Wahlheimat Bonn. Mit der Kulturschmiede »4telbar – Kunst & Kültür ü.V.« initiiert er regelmäßig Veranstaltungen im musischen und kulturellen Bereich. Er hat das integrative Musikprojekt »KültürKlüngel Orkestar« ins Leben gerufen und ist Mitgründer der kreativen Gemeinschaft »ARTpolis – Community Arts & Music Lab« des Bonner Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen (BIM) e.V.

Franziska Ritter ist Szenografin und studierte Architektin und Mitgründerin des Studiengangs Bühnenbild & Szenischer Raum an der TU Berlin. Als Beauftragte für Digitalität und Neue Technologien der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft leitet sie aktuell das Projekt »Im/material Theatre Spaces – Augmented und Virtual Reality for Theatre«. Gemeinsam mit Christian Siegmund hat sie 1:1 CONCERT ins Leben gerufen.

Christian Siegmund ist Kulturvermittler und Lufthansa-Kabinenchef. Im März 2019 hat er an der Alten Oper in Frankfurt als Vermittler beim Projekt »Anders Hören« von und mit Marina Abramović gearbeitet, welches die konzeptuelle Grundlage für das 1:1 CONCERT bildet. Siegmund studierte Sprach- und Literaturwissenschaften sowie literarische Übersetzung in Wien, Frankfurt, Florenz und München.

Für »Inside Artists« arbeiten Franziska Ritter und Christian Siegmund gemeinsam mit Saman Haddad und der Abteilung Programm des Beethovenfest Bonn zum Thema Gastgeberschaft und Experience Design im Festivalkontext.

Ansprechpartner:in

Dorothea Gregor