Ein Dachboden ist nun wirklich der letzte Ort, den man mit Fantasie assoziieren würde. Erst recht nicht, wenn es sich um den Speicher einer Schule handelt. Und doch erlebt eine Handvoll Schülerinnen und Schüler genau hier, zwischen Spinnenweben-umrankten Möbeln, verstaubten Lernutensilien und wild gestapelten Kartons, ihr bislang größtes Abenteuer. Denn ohne es zu ahnen, werden sie vom „Dachbodenzauber“ in einen magischen Bann gezogen.
Mit ihrem neuesten Stück ist es den Verantwortlichen und vor allem den Kindern aus dem Projekt „Kulturbrücke Cantara“ der Liz Mohn Stiftung und des Vereins Gesellschaft in Bewegung einmal mehr gelungen, auch das Publikum im Gütersloher Theater zu verzaubern. Ganz egal, ob die 150 Jungen und Mädchen auf der Bühne sangen, tanzten, sprangen, herumtollten oder schauspielerten: Mit jeder Szene nahmen sie die rund 400 kleinen und großen Zuschauer:innen mit in eine bunte, turbulente, mitreißende Welt. Das lauteste Jubelgetöse lösten sie dabei standesgemäß bei ihren Mitschüler:innen aus, die in Scharen aus den extra gecharterten Bussen ins Theater geströmt waren und deren Begeisterung den gesamten Saal ausfüllte.
„Was ihr hier erlebt, ist eine große Gemeinschaft“
„Was ihr hier erlebt, ist eine große Gemeinschaft“, rief Liz Mohn zur Begrüßung den Kindern zu. „Jedes Kind besitzt verschiedene Begabungen und Fähigkeiten, die darauf warten, entdeckt und gefördert zu werden. Die Möglichkeit, seine Ideen und Talente einzubringen, ist von unschätzbarem Wert für die Entwicklung jedes Kindes. Es lohnt sich also, gemeinsam kreativ zu werden. Wenn alle einen Beitrag leisten, wenn man das Wir-Gefühl lebt, können wunderbare Dinge entstehen – genau wie dieses Musical.“
Sich der eigenen Stärken und Fähigkeiten als junger Mensch bewusst zu werden – darum geht es auch im Kern des Stücks „Der Dachbodenzauber“. Sieben Jungen und Mädchen suchen in einer Unterrichtspause unabhängig voneinander den Dachboden ihrer Schule auf. Ein Ort, der in Kinderaugen mal Rückzugsort, mal Gruselkabinett ist. Kurz darauf findet Cara, die geheimnisvolle neue Mitschülerin, mehrere mysteriöse Bücher auf dem Speicher. Neugierig wie Kinder sind, werfen sie nacheinander einen Blick in jedes einzelne – und landen jedes Mal in einer anderen geheimnisvollen Welt, in der die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen. Mehr noch: Jeder von ihnen besitzt plötzlich eine Art Superhelden-Fähigkeit, in der sich sowohl ihre Stärken als auch ihre Schwächen widerspiegeln. Auf der magischen Reise lernen sie, mit diesen Fähigkeiten umzugehen, und begeben sich dabei auf emotionale Achterbahnfahrten. An deren Ende wartet die Erkenntnis: Jeder von uns ist einzigartig und gemeinsam können wir einen Unterschied in der Welt machen.
Beeindruckende Inszenierung
Wie es bei den „Cantara“-Aufführungen üblich ist, haben sich die Kinder die Grundzüge der Geschichte selbst ausgedacht und in monatelangen Proben unter Anleitung des Theaterpädagogen Canip Gündogdu, des Choreografen und Tänzers Andreas Wegwerth und der Chorleiterin Leila Benazzouz das Musical auf die Beine gestellt. Dabei ist es gelungen, die Inszenierung noch einmal zu steigern. Das Wechselspiel von Musik, Farben, Lichtern und Schatten muss sich vor einem „Profi-Stück“ nicht verstecken, ebenso wenig wie die Animationen, Videos und visuellen Effekte, mit denen die überdimensionale Leinwand im Hintergrund der Bühne bespielt wurde.
Die große Resonanz auf den „Dachbodenzauber“ – alle drei Aufführungen waren ausverkauft – ist für die Kolleginnen und Kollegen in der Liz Mohn Stiftung eine tolle Bestätigung, weiter an der „Kulturbrücke Cantara“ zu bauen. Damit jedes Jahr möglichst viele Kinder aus Gütersloh, Bielefeld und Umgebung die Chance bekommen, ihre kreativen Talente zu entdecken und auszuleben und so ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Das ist auch der Wunsch von Stifterin Liz Mohn: „Unser Projekt läuft an fünf Grundschulen und einer Realschule in Gütersloh und Bielefeld. Und wir wollen es weiter ausbauen.“